Wie wird Stuhlinkontinenz behandelt?

Behandlungsverfahren

bei Stuhlinkontinenz

  • Beckenbodengymnastik
  • Biofeedbacktherapie
  • Operative Behandlung

Die Therapie der Stuhlinkontinenz gliedert sich auf in eine konservative (also nicht-operative) und in eine operative Behandlung. Grundsätzlich beginnt die Behandlung konservativ mit der Erlernung von beckenbodengymnastischen Übungen. Um die regelrechte Umsetzung dieser Übungen zu erlernen, sollte ein Physiotherapierezept über 6 Anwendungen ausgestellt werden. Für die Behandlung von Beckenbodenschwächen gibt es speziell ausgebildete Krankengymnasten, die sich nachweislich spezialisiert haben (Adressen und weitere Informationen unter www.ggup.de).  Die Stärkung des Schließmuskelapparats und des Beckenbodens erfolgt dann über das eigenständige Training, das täglich durchgeführt werden sollte. Die Übungen sind auf die Alltagsbedürfnisse abgestimmt und lassen sich gut in den Alltag der Patienten integrieren. Mit ersten positiven Erfahrungen ist nach etwa 4-6 Monaten zu rechnen.

Sollte die Beckenbodengymnastik zu keiner wesentlichen Verbesserung der Kontinenz geführt haben, ist es möglich, eine intensivere Behandlung einzuleiten, die sogenannte Biofeedbacktherapie. Hierzu wird eine elektrische Sonde, etwa wie ein Fieberthermometer, in den After eingeführt. Sie ist mit einem Computer verbunden, der die Patientin dann zu bestimmten Übungen auffordert. Über elektrische Druckabnehmer am Sondenkopf kann dann letztlich über das Display ermittelt werden, ob die Übung vom Patienten korrekt umgesetzt wird. Wie die Beckenbodengymnastik sollte auch die Biofeedbackbehandlung für etwa 3-6 Monate durchgeführt werden. Die Kosten für das Gerät werden von den Krankenkassen übernommen. Die Geräteeinweisung erfolgt durch eine Mitarbeiterin der Vertriebsfirma in häuslicher Umgebung.

Sollte weder Beckenbodengymnastik noch die Biofeedbackbehandlung zu einer Verbesserung der Kontinenz geführt haben, bleibt meist nur noch die operative Behandlung als Option. Im Folgenden werden verschiedene Verfahren vorgestellt, von denen die sakrale Neurostimulation am häufigsten zur Anwendung kommt.

Naht eines bestehenden Schließmuskeldefekts (sog. Pre-anal-repair)

Infolge einer erschwerten Geburt kann es bei einem Dammriss auch zu einem Einriss oder Durchtrennung des Schließmuskels im Dammbereich kommen. Die Operation zielt darauf ab, den Defekt im Gewebe aufzusuchen und die Muskelstümpfe durch eine direkte Naht wieder einander anzunähern. Dadurch schließt der äußere Schließmuskel besser und der Analkanal wird verjüngt. Das Verfahren bietet sich v. a. bei jungen Frauen wenige Jahre nach der Entbindung an. Jenseits etwa des 55. Lebensjahres kommt diese Operation nicht mehr zur Anwendung, da das Gewebe als Widerlager für die Naht in der Regel zu schwach ist und die Naht ausreißen würde.

Schließmuskelersatz durch Implantate (artificial bowel sphincter plastique)

Hierbei werden meist hydraulisch funktionierende Kunststoffimplantate in den After implantiert. Durch entsprechende kleine Pumpen, die unter der Haut liegen, kann der Füllungsdruck des künstlichen Schließmuskels reguliert werden. Hierdurch kann die Stuhlentleerung mechanisch kontrolliert werden. Diese Verfahren sind weitestgehend verlassen worden und kommen nur noch in wenigen spezialisierten Einrichtungen in Europa zur Anwendung. Aufgrund einer Infektionsrate von etwa 50 % musste in der Vergangenheit fast jedes zweite Implantat wieder herausoperiert werden.

Schließmuskelersatz durch Oberschenkelmuskel (Grazilisplastik)

Bei diesem Verfahren wird ein Muskel an seinem Ansatz von der Innenseite des Oberschenkels herausgelöst und unter der Haut zum After geführt, wo er einmal um den Anus herumgeschlungen und am Schambein der gegenüberliegenden Seite fixiert wird. Oft wird dieses Verfahren mit einem Schrittmacher kombiniert, der den Muskel stimuliert, damit der Anus dicht schließt. Dieses Verfahren ist sehr invasiv und kommt selten zum Einsatz, z. B. bei einem sehr breiten Schließmuskeldefekt, der durch eine Naht nicht mehr zu schließen ist und bei dem die sakrale Neurostimulation keine Aussicht auf Erfolg hat.

Sakrale Neurostimulation

Bei diesem sehr eleganten Verfahren wird der zum Schließmuskel führende Nerv als „Stromkabel“ genutzt. So gelangt ein elektrisches Signal, das durch einen Schrittmacher erzeugt wird, zum Schließmuskel und stimuliert ihn, den Anus zu schließen. Die Schrittmacherimpulse werden so eingestellt, dass sie vom Patienten wie bei einem Herzschrittmacher nicht bemerkt werden.

Das Verfahren ist aus mehreren Gründen sehr elegant:

  • Im Vergleich zu den vorgenannten Operationsmethoden ist dies das schonende Verfahren. Es hinterlässt nur minimale Wunden und belastet den Körper fast gar nicht.
  • Es ist das einzige Operationsverfahren, dessen Wirkung vorher getestet werden kann. Zunächst erfolgt eine Probestimulation für einige Tage. Nur wenn diese erfolgreich ist, wird der Schrittmacher implantiert.
  • Das Verfahren eignet sich besonders für Patienten im fortgeschrittenen Alter, auch wenn mehrere Begleiterkrankungen bestehen.

So erklärt sich, dass sich die sakrale Neurostimulation (SNS) in den vergangenen 10 Jahren weltweit etabliert hat. Die Erfolgsrate liegt bei etwa 85 %. Seit 2009 führen wir die SNS in der Schön Klinik Neustadt erfolgreich durch.